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Eigenstrom-Soli sorgt für Zoff
Eigenstrom ist ein Trend, der sich weiter durchzusetzen scheint. Für diejenigen, die ihren Strom selbst produzieren, fallen bisher kaum Kosten für die Energiewende an. Die Regierung will die Selbstversorger daher stärker zur Kasse bitten; dagegen stellen sich die Solarbranche und der Bundesrat.

Berlin (dpa/red) - Angesichts hoher Strompreise wird die Eigenstrom-Produktion bei Bürgern und Unternehmen immer beliebter. 2012 stammten in Deutschland schon elf Prozent (57 Terawattstunden) des Bedarfs aus Anlagen zur eigenen Stromversorgung, vor allem aus Solaranlagen, Blockheizkraftwerken und Windrädern. Das berichtete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" unter Verweis auf eine noch unveröffentlichte Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) und des Energiewirtschaftlichen Instituts Köln (EWI). 2008 habe der Eigenstrom-Anteil erst bei acht Prozent gelegen.
Soli zur Entlastung
Da bisher für selbst verbrauchten Strom kaum Umlagen und Abgaben fällig werden, wachsen die Belastungen für die anderen Stromverbraucher. Daher will die Bundesregierung eine Mindestabgabe als "Soli" für neue Eigenstromverbraucher erheben: Bei Industrieunternehmen 20 Prozent der regulären Ökostrom-Umlage (derzeit 6,24 Cent je Kilowattstunde) und 50 Prozent der Umlage zum Beispiel für Supermärkte, die sich mit Solarstrom versorgen.
Pilotprojekt in Berlin-Hellersdorf
Besonders umstritten: Bisher zahlt der Mieter in Berlin-Hellersdorf über seine Stromrechnung Renditen des Anwalts in München, der auf 20 Jahre garantiert eine Vergütung für seine Solaranlage auf dem Dach bekommt. Gerade untere Einkommen werden dabei überproportional stark belastet. Damit auch Mieter etwas von dem Großprojekt haben, wurde zum Beispiel in Hellersdorf ein Pilotvorhaben gestartet.
Die Dächer von 50 Wohnblöcken wurden dort mit Solarmodulen zugepflastert. Seit März können die Bewohner Ökostrom vom eigenen Dach beziehen, das Unternehmen Lichtblick bietet einen Mischtarif an: 30 bis 50 Prozent des Bedarfs können mit Eigenstrom abgedeckt werden, der Rest kommt aus dem normalen Netz. Die Kilowattstunde wird für 25 Cent angeboten - rund drei Cent billiger als üblich. Denn die Mieter müssen für den Solarstrom vom Dach nur eine reduzierte Umlage von 4,3 Cent je Kilowattstunde zahlen. Ausgerechnet dieses Privileg soll nun allerdings fallen, dann würden auch hier die vollen 6,24 Cent fällig.
Kritik an der "Sonnensteuer"
Die Solarlobby kritisiert, dass Unternehmen, die klimaschädlichen Kohlestrom zur Eigenstromversorgung produzieren, weniger stark zur Kasse gebeten werden sollen als Vermieter oder Supermärkte, die klimafreundlichen Solarstrom zur Selbstnutzung erzeugen. Natürlich wurde dafür auch ein griffiger Kampfbegriff gefunden: "Sonnensteuer".
Verfassungsklage droht
Die Gegner drohen mit einer Verfassungsklage, falls das Gesetz wie vorgesehen zum 1. August in Kraft tritt. "Es kann nicht sein, dass Haushalte und Unternehmen dafür bestraft werden sollen, dass sie die Energiewende selbst in die Hand nehmen", sagt auch Holger Krawinkel vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Der Verband geht davon aus, dass die bisher geplante Umlage auf selbstverbrauchten Ökostrom Haushalte ohnehin nur um 55 Cent im Jahr entlasten würde - der große Batzen an Zusatzbelastungen entstehe durch Industrie-Selbstversorger.
Diese sollten zunächst auch für bestehende eigene Kraftwerke mit einer Abgabe belegt werden, doch Gabriel kassierte das wieder. Nun soll die 20-Prozent-Abgabe nur für neue Eigenstrom-Anlagen gelten.
Bundesrat fordert Korrekturen
Auch die Bundesländer fordern Korrekturen, gerade Mieterstromprojekte dürften nicht stärker belastet werden. Und: Statt 50 Prozent der regulären Umlage (derzeit 3,1 Cent) sollten bei Kraft-Wärme-Kopplung und Ökoenergie-Anlagen zur Eigenversorgung nur noch 15 Prozent der Umlage als "Energie-Soli" entrichtet werden - also 0,94 Cent.
Nicht zuletzt der Kampf um die Eigenstromversorgung, deren Zunahme die Antwort auf hohe Strompreise ist, zeigt: Die Energiewende wird immer komplexer. Und an allen Ecken zerren Lobbyisten und Politiker, um sich Pfründe zu sichern - bis hin zum Preis für die Stromversorgung von Kreuzfahrtschiffen im Hafen.
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