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Hoffen auf mehr Wettbewerb
Auf der 10. EUROFORUM-Jahrestagung 'Stadtwerke 2006', die vom 9. – 11. Mai in Berlin stattfand, betonte der Präsident des Bundeskartellamts Dr. Ulf Böge vor 650 Teilnehmern 'das Ziel, mehr Wettbewerb in den Energiemarkt zu bringen'.

Er hoffe auf den baldigen Start der Anreizregulierung, um durch das Vergleichsverfahren einen Wettbewerb simulieren zu können. Die großen Bilanzüberschüsse in der Branche zeigten, wie erfolgreich die Unternehmen arbeiteten. Dies gelte nicht nur für die großen Vier, sondern auch für die Stadtwerke. Die Kunden hätten allerdings enorme Kostensteigerungen für Strom und Gas zu verkraften. Die Gründe dafür seien nicht nur auf dem Weltmarkt zu suchen, sondern hingen stark vom Angebotsmonopol, von Kartellbildungen und der Ausnutzung der Marktmacht ab, sagte Böge. Die Zahl der Wettbewerber sei weiter geschrumpft und beim Gas können die Kunden ihren Anbieter immer noch nicht frei wählen. Verhindert würde die Marktfreiheit beim Gas auch durch die langfristige Bindung der Stadtwerke an die Gaslieferanten. Auch in europäischer Sicht bestünde keine Marktfreiheit, da ein grenzüberschreitender Wettbewerb weiterhin fehle und das Geschäft eher regional ausgerichtet sei. "Vordergründig behaupten alle, sich für den Wettbewerb einzusetzen, aber eigentlich setzt man auf Zeit und agiert gegen den Wettbewerb", stellte der Kartellamtschef fest. Der damit einhergehende große Imageschaden beeindrucke die Branche wenig. "Die wirtschaftliche Macht ist so groß, dass eine politische Reaktion offenbar nicht ernsthaft erwartet wird", kritisierte der Präsident des Bundeskartellamts. Die Interessenlage der EVU sei sehr unterschiedlich, je nachdem ob es sich um Stadtwerke in Einflussbereich der großen Energieversorgungsunternehmen oder um selbstständige EVU handele. Das Verfahren des Bundeskartellamts gegen die Langfristverträge beim Gas habe für viele Stadtwerke erhebliche, zumeist aber positive Auswirkungen, führte Böge weiter aus, da diese Verträge die Marktabschottung verfestigten. Dreiviertel des Marktes würde durch Langfristigverträge blockiert und dies verstoße gegen das europäische und das nationale Kartellrecht. Böge betonte, dass das Bundeskartellamt nicht grundsätzlich gegen langfristige Verträge sei, da kleinere Stadtwerke so Planungssicherheit gewinnen könnten. Dies sei in der de-minimus Regelung berücksichtigt. Böge zeigte sich zuversichtlich, dass die künstliche Marktabschottung durch die Langfristverträge durch das Oberlandesgericht als unzulässig eingestuft wird. Die Beseitigung der Langfristverträge sei eine Chance für die Stadtwerke, denn: "Je besser der Durchleitungswettbewerb funktioniert, desto besser können Kosten auf der Bezugsseite optimiert werden und die Optimierung des Einkaufs hängt dann nicht nur vom Entry-Exit-Modell ab." Vorsicht vor der Kooperationsbereitschaft der Branche Mit Blick auf die Bestrebungen des Bundesnetzagentur, gemeinsam mit den Unternehmen, das Entry-Exit-Modell zum 1. Oktober einführen zu wollen, merkte Böge kritisch an, die Bundesnetzagentur solle nicht zuviel Kooperationsbereitschaft von der Branche erwarten. Die Erfahrung des Bundeskartellamts sei vielmehr gewesen, dass die Unternehmen auf Zeit spielen und die Dinge nur rechtlich geklärt werden können. Böge hoffe aber auf die baldige Einführung des Entry-Exit-Modells, da nur so ein wirksamer Wettbewerb entstehen könne. Der Wettbewerb sei letztlich nur durch einen diskriminierungsfreien Netzzugang beim Gas zu erreichen und das Ende der langfristigen Bindung. Im Sinne eines diskriminierungsfreien Zugangs betonte Böge auch die Bedeutung der Fusionskontrolle gerade für Stadtwerke. Der Grad der Konzentration habe seit der Fusion von E.ON/Ruhrgas stark zugenommen. Da das Bundeskartellamt die Nachfrageseite berücksichtigen müsse, sei der Spielraum besonders für Gasversorger sehr eng, denn der relevante Markt sei mangels ausreichenden Durchleitungswettbewerbs auf das Netzgebiet abzugrenzen. Darum sei auch die Fusion der Mainova mit den Stadtwerken Darmstadt und Aschaffenburg nicht genehmigt worden. Erst wenn ein diskriminierungsfreier Zugang der Gasnetze möglich ist, ergäbe sich mehr Spielraum für Fusionen, betonte der Präsident. Abschließend warnte Böge vor den Anzeichen einer Renationalisierung und Politisierung der Wirtschaft. Der Zusammenschluss von E.ON/Ruhrgas habe bereits in diese Richtung gezeigt und die aktuelle Diskussion um die Fusion von Gaz de France und Suez bzw. Enel würden in die gleiche Richtung zeigen. Der Markt sollte von den Gesetzen des Marktes bestimmt werden und nicht durch die Politik", betonte er. "Die Bundesnetzagentur will fair und sachgerecht mit der Energiewirtschaft umgehen, aber dafür brauchen wir Zahlen und Fakten von Ihnen", appellierte der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, an die Teilnehmer der Jahrestagung "Stadtwerke 2006". Das nun umzusetzende Vergleichsverfahren sei durch das Gesetz bestimmt und in Anbetracht der Wettbewerb öffnenden Wirkung dieses Verfahrens seien die Klagen von Stadtwerken gegen die Vergleichsdaten nicht nachzuvollziehen, sagte Kurth weiter. Die Daten im Vergleichsverfahren als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis anzusehen, bezeichnete er als unzutreffend. "Wir befinden uns hier in einem natürlichen Netzmonopol. Netzbetreiber erlangen keinen Wettbewerbsvorteil, wenn sie die Vergleichsdaten des benachbarten Netzbetreibers kennen."Ziel seiner Behörde sei es, auf der Grundlage geeigneter Benchmarking-Systeme ein Höchstmaß an Robustheit und Zuverlässigkeit zu erreichen und damit einen sachgerechten Vergleich der Unternehmen zu ermöglichen. Der Preis für derartige umfassende Analysen sei aber eine umfangreichere und detaillierte Datenerhebung, führte der Bundesnetzagentur-Präsident weiter aus. Zum Netzzugang zum Gasmarkt sagte Kurth, dass mit dem Entry-Exit-Modell ein echtes Netzzugangsmodell gefunden worden sei und man an der Einführung zum 1. Oktober 2006 festhalte. Zum bereits Anfang Mai vorgelegten Entwurf des Berichts zur Anreizregulierung sagte Kurth, dass dieser Vorschlag konstruktiv diskutiert werden solle. Ganz bewusst habe seine Behörde den Berichtsentwurf schon jetzt veröffentlicht, damit sich die Energiewirtschaft mit dem Konzept in Gänze auseinander setzen und Anregungen einbringen könne. Kurth fordert die Stadtwerke auf, zügig mit der Bundesnetzagentur zusammen zu arbeiten. Die Anreizregulierung könne am 1. Januar 2008 starten. Unbundling und Regulierung verändert die Netzstruktur Auf die Rolle der Bundesländer als Regulierer ging Peter Franke (Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen) ein. Er stellte zunächst fest, dass in Nordrhein-Westfalen drei Entwicklungstendenzen in der Netzstruktur durch das Unbundling und die Regulierung festzustellen seien. Die Aufgabe des Netzbetriebs durch Veräußerung an überörtliche oder örtliche Netzbetreiber, die Verpachtung des Netzes an überörtliche Netzbetreiber oder Zusammenschlüsse von Netzbetreibern. Im NRW Entgeltgenehmigungsverfahrens Strom hätten fünf Netzbetreiber noch keinen prüffähigen Antrag vorgelegt und ein weiterer ohne Beifügung von Unterlagen um Festsetzung von Amts wegen gebeten. Wegen der Veränderungen in der Netzstruktur seien in einer größeren Zahl von Fällen neue Anträge vorgelegt oder angekündigt worden. Eine Mitteilung seiner Behörde über die bisherigen Prüfungsergebnisse sei für die wesentlichen Prüfungsgesichtspunkte bereits Anfang März erfolgt, führte Franke weiter aus. Im Entgeltgenehmigungsverfahren Gas lägen bis jetzt etwa hundert Anträge vor. Aus Sicht der Regulierungsbehörden sei in der überwiegenden Zahl der Verfahren eine Überarbeitung der vorliegenden Entgeltanträge erforderlich und erst nach Prüfung der überarbeiteten Anträge könne eine abschließende Entscheidung über den Entgeltgenehmigungsantrag getroffen werden. Für und Wider des Unbundling Zu den Auswirkungen des Unbundling sprachen unter anderen Karl Otto Abt (Vorstand der Stadtwerke Düsseldorf und Vizepräsident des VDEW (Verband der Elektrizitätswirtschaft e.V.), sowie Christoph Hüls (Leiter Unternehmensentwicklung der Stadtwerke Krefeld und Geschäftsführer der Verson Energiepartner). Der langjährige Vorstand der Stadtwerke Düsseldorf setzte sich sehr kritisch mit den Auswirkungen des Unbundling auf die Stadtwerke auseinander. Der politisch gewollte diskriminierungsfreie Wettbewerbsmarkt und das Aufbrechen der Querverbund-Struktur der Stadtwerke bringe für den Kunden auch Nachteile. Hohe Gewinne reichten oft nicht aus, um Investoren zu bewegen, Geld in Stadtwerke zu investieren. Wenn der Energiemarkt zunehmend auch ein Feld für Spekulationen werde, dann beweise dies das Funktionieren des Marktes und die Politik solle sich dann nicht über steigenden Preise wundern, führte Abt weiter aus. Die Trennung von Netz und Vertrieb und die damit eingeschränkten Möglichkeiten der Stadtwerke, eine Vielfalt von Leistungen anzubieten, führe dazu, dass Industriekunden nun auch die Kosten für die Netze stärker mittragen müssten. "Der Markt wird nicht zu Verbilligungen, sondern zu Verteuerung führen", betonte Abt. Der Wunsch nach Preissenkungen und die Forderung nach Transparenz stehe der betriebswirtschaftlichen Forderung nach Gewinnmaximierung entgegen. Ein freier Verkäufermarkt und die anstehenden Investitionen in die Netze und die Beschaffung werde die Preise weiter in die Höhe treiben, führte er aus. Durch die notwendigen Organisationsanpassungen verlören die Stadtwerke den Bezug zu den Kommunen und stünden durch die Misstrauenshaltung der Politik und der Medien unter Rechtfertigungszwang, der die Aktionsfreiheit beschränke. Probleme bei der Umsetzung des Unbundling machte Abt bei der Buchhaltung, Steuern und Bilanzen fest. Auch wenn die Regulierungsbehörde bemüht sei, fair und gerecht mit den Unternehmen umzugehen, so seien die Stadtwerke durch die Umständlichkeit des Systems in ihrer Effizienz eingeschränkt. Um Ziele des Unbundling umzusetzen, benötige man klare Entscheidungsstrukturen und eine Bündelung der Funktionen. Als problematisch bewertete Abt auch die Pachtlösung, die fast neunzig Prozent der Stadtwerke für ihren Netzbetrieb gewählt hätten. Hier befürchtete er weitere Probleme für die Stadtwerke, wenn das Ownership- Unbundling eingeführt werden sollte. Als Chance "alte Zöpfe abzuschneiden" bewertete dagegen Christoph Hüls die Entflechtung der Stadtwerke-Strukturen. "Wir müssen lernen, unsere Strukturen viel stärker vom Markt her zu sehen", stellte Hüls fest. Das Unbundling sei ein guter Anlass um Effizienzsteigerungen zu realisieren und die Wettbewerbsfähigkeit im Netz zu erhöhen. Ein Vorteil der Stadtwerke sei ihr regionaler Bezug und die Möglichkeiten, Serviceleistungen aus einer Hand flexibel anbieten zu können. Das Unbundling könne über operative Kooperationen ein regionales Wachstum vorantreiben und Stadtwerke könnten sich als Multi-Utility-Unternehmen aufstellen. Kooperation sei für die Stadtwerke Krefeld der Schlüssel für ein stark regional geprägtes Wachstum auf allen Geschäftsfeldern und eröffne neue Möglichkeiten in der Beschaffung für alle Beteiligten, stellte Hüls weiter fest. Beschaffung und Kraftwerksbau Angesichts stark steigender Energiepreise wurde auf der Stadtwerke-Tagung auch das Thema Beschaffung und Kraftwerksbau diskutiert. "28 Prozent der Stadtwerke und regionalen Energieversorger planen eine Kraftwerksbeteiligung und jedes neunte Stadtwerk will in ein eigenes Kraftwerk investieren", erklärte Dr. Helmut Edelmann (Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft). Anlässlich des etablierten Stadtwerke-Treffs stellte der Energie-Experte die Ergebnisse der aktuellen Stadtwerke-Studie von Ernst & Young vor. Wegen des geplanten Ausstiegs aus der Kernenergie und der Veralterung vieler Kraftwerke werde in den kommenden fünfzehn Jahren etwa die Hälfte des deutschen Kraftwerksparks vom Netz gehen und damit 60 Gigawatt weniger Strom zur Verfügung stehen, beschrieb Edelmann die Ausgangslage. Zurzeit seien etwa 20 Gigawatt neue Kraftwerkskapazitäten geplant oder im Bau, aber bis 2020 verbliebe eine Deckungslücke von rund 40 Gigawatt. Derzeit seien die deutschen Stadtwerke noch unterproportional mit einem Marktanteil bei der Stromerzeugung von etwa zehn Prozent vertreten, führt er weiter aus. Angesichts der deutlich gestiegenen Großhandelspreise für Strom habe das Thema Stromerzeugung für die Stadtwerke an Bedeutung gewonnen und es gehe bereits ein Drittel der geplanten beziehungsweise in Bau befindlichen Kraftwerksprojekte auf Stadtwerke zurück. "Vor dem Hintergrund der stetig steigenden Stromkosten planen viele Energieversorger neu", kommentierte Edelmann weiter. Der Aufbau einer eigenen Stromversorgung biete die Möglichkeit, unabhängiger von Marktschwankungen zu agieren und auch von steigenden Marktpreisen zu profitieren. Das Risiko hoher Einkaufspreise lasse sich minimieren und angesichts einer entflochtenen Energiewelt gewänne die enge Verzahnung von Erzeugung, Handel und Vertrieb an Bedeutung. So sieht der Energie- Spezialist die Gründe für das gesteigerte Interesse an eigenen Kraftwerksprojekten auch als Folge von Unbundling und Regulierung. Diese Faktoren erhöhten den Druck auf die Netznutzungsentgelte, begrenzten die Eigenkapital-Renditen, erhöhten die Transparenz im Netzbereich und intensivierten den Wettbewerb auf der Vertriebseite. Daher entwickelten sich die Erzeugungskosten zum größten zu beeinflussenden Faktor der Unternehmen. Neben der Investitionsbereitschaft in den Kraftwerksbau verwies er auf ein weiteres Ergebnis der Studie. Eine klare Mehrheit der befragten 105 Stadtwerke-Vorstände und -Geschäftsführer sprachen sich für eine Renaissance der Kernenergie aus. Lediglich vierzehn Prozent der Unternehmen befürworten die Beibehaltung des vereinbarten Ausstiegs. Die Befürworter der Kernenergie begründeten dies insbesondere mit dem Ziel der Sicherung einer preiswerten Stromversorgung, der Gewährleistung der Versorgungssicherheit und der – aus der Sicht der Befragten – gegebenen Sicherheit der Kernkraftwerke.
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