- Strom-Nachrichten
- Wendelstein 7-X
Kernfusionsexperiment kurz vor dem Start
"Wendelstein 7-X" steht für ein Milliardenprojekt, bei dem aus der Verschmelzung von Atomkernen Energie gewonnen werden soll. Forscher der Universität Greifswald planen das Experiment bereits seit 2005. Für Umweltschützer ist die Forschung im Hinblick auf die Energiewende reinste Geldverschwendung.

Greifswald (dpa/red) - Physikern wird ein eher rationales und nüchternes Verhältnis zu ihrem Forschungsgegenstand nachgesagt. Doch Thomas Klinger, Direktor am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifswald, hat zum Kernfusionsexperiment "Wendelstein 7-X" inzwischen eine väterlich-emotionale Beziehung - "wie bei einem kleinen Kind, das seine ersten Schritte macht".
Startschuss am 20 Mai
Der 49-Jährige steht unter Spannung, wippt auf den Zehenspitzen. Nicht ohne Grund: Seit 1996 wurde in Greifswald am Fusionsexperiment geplant und gebaut. Mit sieben Jahren Verspätung geht der "Wendelstein" nun in die Vorbetriebsphase. Am 20. Mai werden Forschungsministerin Johanna Wanka (CDU), EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) und Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) den offiziellen Startschuss geben.
100 Millionen Grad heißes Plasma
Was die Physiker mit Hilfe von Mitteln des Bundes, der EU und des Landes in Greifswald geleistet haben, ist technologisches Neuland. In einem ringförmigen Magnetfeld - gebildet von 70 supraleitenden Magnetspulen - wollen sie ein bis zu 100 Millionen Grad heißes Plasma erzeugen. Das ist Voraussetzung dafür, dass später Atomkerne ähnlich den Prozessen auf der Sonne verschmelzen können und große Energiemengen freigeben. Eine Fusion selbst ist in Greifswald nicht geplant. Es soll lediglich das Verhalten des Plasmas unter Hochtemperatur erforscht werden.
Herausforderndes Schlüsselexperiment
Noch gelangen Monteure mit Spezialschuhen und -anzügen in das Innere des 725 Tonnen schweren Plasmagefäßes, um dort die Hitzeschilder zu montieren. Mitte 2015 soll das erste Plasma durch den Ring von 16 Metern Durchmesser fließen - zunächst 0,1 Gramm Helium, später die gleiche Menge Wasserstoff und Deuterium. "Wendelstein 7-X" ist die weltweit größte Fusionstestanlage vom Typ "Stellarator".
"Wendelstein 7-X" gilt als Schlüsselexperiment. Doch die technologischen Herausforderungen waren enorm: Allein die Entwicklung und der Bau der bizarr geformten Magnetspulen hatten das Projekt um mehrere Jahre zurückgeworfen. Die Fertigung von Großkomponenten wurde zwar in der Industrie begonnen, da vieles aber nicht den Ansprüchen genügte, holte das Institut die Produktion ins eigene Haus.
Durchbruch oder Milliardengrab
Umweltverbände und Grüne halten die Fusionsforschung für ein Milliardengrab. Sie komme zu spät, sei zu teuer sowie riskant und behindere eine wirkliche Energiewende. Statt Geld in der Fusionsforschung zu verbrennen, sollten die Mittel in die Erforschung von Speichern für Wind- und Sonnenstrom investiert werden.
Klinger ist dagegen überzeugt, dass Wind, Sonne und Wasser allein nicht ausreichen werden, um künftig den rasant steigenden Energiebedarf decken zu können. Einen "Systemwettkampf" zwischen Fusion und erneuerbaren Energien sehe er nicht. "Alle Optionen müssen verfolgt werden, um zwischen 2050 und 2070 mehrere Karten auf dem Tisch zu haben."
Noch steht die Betriebsgenehmigung für das Experiment aus. Nach dem positiven TÜV-Gutachten rechnet das Max-Planck-Institut für Anfang 2015 mit dem Okay des zuständigen Landesamtes.
Quelle: DPA
E-Bike
Elektroauto
Antriebstechniken
Die wichtigsten Antriebstechniken beim Auto - eine Übersicht
Stromverbrauch senken
Strom-Community
Die Strom-Community - gemeinsam unabhängig, eine Alternative